Funktionen und Aufgaben des Forums
Die wichtigsten Funktionen des Forums "Zeitgeschichte der Universität Wien" sind:
- Konzeption und Koordination der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Geschichte zum 650-jährigen Gründungsjubiläum der Universität Wien im Jahr 2015 mit Fokus auf das "lange 20. Jahrhundert"
- Koordinationsstelle der einschlägigen Aktivitäten: Vernetzung der in diesem Feld forschenden Personen und Projekte (Organisation von Tagungen u.a. Arbeitstreffen zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte) und Sichtbarmachen bisheriger Aktivitäten nach Innen und Außen
- Clearing- und Servicestelle: Ansprechpartner nach Innen und Außen
- Vorarbeiten für einen noch zu erstellenden Forschungslückenkatalog, Eröffnung von Forschungs- und Aufarbeitungsperspektiven; Vernetzung von Forschung und Lehre u. a. im Schwerpunkt "History and Philosophy of Science" (HPS)
- Forschungen zur Zeitgeschichte der Universität Wien und Aufbau statistischer, biografischer und bibliografischer Grundlagen sowie historischer Datenbanken zu verschiedenen Aspekten - teilweise forschungsvorbereitend, teilweise aber auch selbst forschend, z.B. Vertreibung der Studierenden der Universität Wien 1938 (2008), Aberkennung und Wiederverleihung akademischer Grade im 19. und 20. Jahrhundert (2009/10), Eliten/dis/kontinuitäten in der Zweiten Republik. Zur Reintegration der im NS aus politischen Gründen entlassenen Lehrenden der Universität Wien nach 1945 (2012/11)
- Wissenschaftliche Begleitung und Vorbereitung von Gedenkformen, Gedenkveranstaltungen und Publikationen, z.B. Kontroverse "Siegfriedskopf" (2005/06), "Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien" (2009) mit den Namen der aus rassischen und/oder politischen Gründen vertriebenen Lehrenden und Studierenden sowie jener AbsolventInnen, denen ihr akademischer Grad aus diesen Gründen aberkannt wurde, ergänzt um Biografien, Bilder und Dokumente
KONTEXT
Kontext des Forums "Zeitgeschichte der Universität Wien" ist die Auseinandersetzung der Universität Wien mit ihrer Geschichte im 20. und 21. Jahrhundert mit einem besonderen Fokus auf die NS-Zeit und die Aufarbeitung der Verfolgung und Vertreibung ihrer Mitglieder (ProfessorInnen, DozentInnen und sonstige MitarbeiterInnen sowie Studierende und AbsolventInnen) aus "rassischen", politischen und/oder anderen Gründen, sowie ihre wissenschaftliche und wissenschaftspolitische Involvierung in das NS-System in Forschung und Lehre.
Die heutige Universität Wien bekennt sich ohne Einschränkung zur Mitschuld und Mitverantwortung an inhumanen, unrechtmäßigen und unwürdigen Handlungen in der NS-Zeit. (Akademischer Senat, 10. April 2003).
Die Universität Wien stellt sich auch dem internationalen Vergleich mit anderen großen Universitäten im deutschsprachigen Raum, die in den letzten Jahren teilweise sehr groß angelegte Aufarbeitungen ihrer Geschichte in der NS-Zeit geleistet haben, etwa die Humboldt-Universität Berlin oder die Universitäten in Göttingen, Hamburg, Jena, Leipzig, Freiburg und München. Nicht zuletzt sollte die Universität Wien im Hinblick auf das 2015 stattfindende 650-Jahre-Gründungs-Jubiläum gerade diesen Abschnitt ihrer Geschichte erforschen und dokumentieren, der in den meisten Gesamtdarstellungen, Publikationen und Aktivitäten nach 1945 entweder inexistent oder grob unterrepräsentiert war.
Die Universität will proaktiv und offensiv die Bearbeitung ihrer eigenen Vergangenheit systematisch im Sinne einer Selbstbeauftragung betreiben um rasch, fundiert und damit glaubwürdig und sensibel agieren – und nicht nur reagieren – zu können.
Gerade die Geschichte der letzten 70 Jahre der Universität Wien wäre geeignet, eine gemeinsame Identitätsbildung aller Angehörigen der Universität nach innen zu fördern, und gleichermaßen nach außen zu vermitteln.
Die dringend notwendige Auseinandersetzung mit der Zeit 1938-1945 bedarf auch einer kontinuierlichen Auseinandersetzung über 1945 hinaus in politischer, wissenschaftlicher und personeller Hinsicht: die Schnittstellen Universität, Gesellschaft und Politik, Fragen der außeruniversitären Forschung, des Wissen(schaft)stransfers und internationale Vergleiche sind zu fokussieren und Grundlagen für eine solide Positionierung zu erarbeiten.